Ihr lest einen Gastbeitrag der lieben Justine. Folgt ihr doch gerne, bedankt euch ganz lieb, dass sie das übernommen hat und jetzt viel Spaß beim Blog!
Es war der erste Spieltag nach dem umstrittenen Trainingslager auf Mallorca, dessen
Thematik hier nicht noch einmal aufgegriffen werden soll – denn es wurde inzwischen genug
Kritik geäußert und die Standpunkte der jeweiligen Parteien sollten klar sein. Jedenfalls
wurden die fünf Tage intensiv und bei guten Witterungsbedingungen genutzt, um sich auf den
Aufstiegskampf vorzubereiten und eine ohnehin schon vorhandene harmonische Einheit zu
bilden. Vor allem nach der letzten bzw. auch ersten Saisonniederlage könnte der Zeitpunkt für
ein solches Trainingslager wohl kaum passender sein, um sich fokussiert mit den gesetzten
Zielen auseinanderzusetzen und Spielideen umzusetzen und zu festigen. So wurden bereits
vor Anpfiff der Partie gegen Eintracht Braunschweig Fragen aufgeworfen, die inhaltlich alle
in dieselbe Richtung gingen: Wie geht St. Pauli mit dieser Niederlage um? Folgt jetzt eine
Negativserie? Was nimmt man aus Mallorca mit? Und auch die offene Trainerfrage bzw. eine
noch nicht gesetzte Unterschrift seitens Hürzelers beschäftigt nicht nur die Medien.
Was für mich im Vorfeld allerdings noch viel beunruhigender war, war die Tatsache, dass Kiel
am Samstag 4:0 in Paderborn gewonnen hat und Braunschweig sich über die Jahre zu einem
wahren Hassgegner etabliert hat, gegen den St. Pauli sich gut und gerne schwertut. So war es
ebendiese Eintracht, gegen die es in der letzten Saison, nach einer langen Siegesserie, die
erste Niederlage gab. Im Fußball ist man leider abergläubisch und klammert sich an jede
Statistik.
Dementsprechend ging es am heutigen Sonntag mit einem eher schlechten Bauchgefühl ins
magische Stadion und wenn man unterwegs auf Stimmfang war und sich eine Einschätzung
abholen wollte, waren sich ungewöhnlich viele Menschen sicher, dass es heute die erste
Heimspielniederlage geben würde. Wenn man sich die Formen und vor allem die
Tabellenplätze von St. Pauli und Eintracht Braunschweig anschaut, ist dieses Bauchgefühl
eher unbegründet aber was man aus der bisherigen Saison auch mitnehmen kann, ist die
Tatsache, dass in dieser 2. Bundesliga jeder jeden schlagen kann.
Entsprechend entspannt und ohne große Erwartungen stand man dann also auf seinem
Stammplatz in der Gegengerade und wartete mit Rhabarberschorle und wirklich
hervorragenden Pommes (Shoutout an den Verein, dass dies zumindest auf der Gegengerade
endlich umgesetzt wurde!) darauf, dass endlich der Ball rollt. Nachdem sich das ausverkaufte
Stadion in den über 1,5 Stunden nach Einlass nach und nach füllte, wir die Namen unserer
Spieler brüllten und lautstark zu „Das Herz von St. Pauli“ mitsangen, war man spätestens zu
den ersten Tönen der „Hells Bells“ wieder vollständig elektrisiert und gehyped. Während die
Mannschaften das Spielfeld betraten und die Gegengerade in einem Meer von weißen
Papierschnipseln badete, war man sich nun plötzlich doch sicher: Hier geht heute was! Die
Aufstellung unserer boys in brown war bis auf eine Position unverändert, einzig unser
Kapitän Jackson Irvine war wieder in die Startelf zurückgekehrt und das gab zumindest mir
ein sehr gutes Gefühl. Als die Partie um 13:30 angepfiffen wurde, wich mein entspanntes
Gemüt der absoluten Nervosität.
Das Spiel verlief die ca. ersten 30 Minuten so, wie man es sich bei dieser
Tabellenkonstellation auch vorgestellt hat. Die Braunschweiger standen sehr tief und lauerten
auf Konter. St. Pauli zog das nur allzu bekannte und äußert effektive Spiel auf, das ihnen den
bisherigen Erfolg sicherte, sodass der Ballbesitz gesichert war. Allerdings fand kein
gefährliches Pressing statt und besonders Saad wählte lieber den Weg nach hinten, mit
Rückpässen auf u. a. Mets, statt ein Dribbling nach vorn zu wagen. Da die Braunschweiger
sich allesamt Rund um die Box versammelten, war ein Durchkommen allerdings auch sehr
schwer. Bei der ganzen Defensivarbeit waren es dann aber auch die Braunschweiger, die in
den ersten Minuten des Spiels den Zug zum Tor fanden und sich einige Standards in Form
von Freistößen oder Eckbällen erspielten. Dabei wurden einige Situationen recht gefährlich,
da die Jungs in blau/gelb einige Räume kreieren konnten und sich Lücken in der Abwehr
auftaten. Allerdings – oder zum Glück – waren die Abschlüsse dann allesamt verhältnismäßig
schwach. Auf der anderen Seite schaffte es die Hürzeler-Elf nun deutlich öfter den Ball in den
Strafraum zu bringen, vor allem Dapo und Hartel waren dabei ein entscheidender Faktor,
sodass Irvine und Treu den Ball Richtung Tor manövrieren konnten. Allerdings nicht effektiv
genug. Nach einer erneuten Ecke, die zuerst vermeintlich geklärt werden konnte, machten die
Jungs den Ball wieder fest und konnten diesen wieder gefährlich ins Spiel bringen. Am Ende
schaffte es Dapo in der 32. Minute den Ball cool über die Linie zu schießen und uns auf den
Rängen zu erlösen. Während wir noch zu „Song 2“ feierten, wurde parallel vom VAR
überprüft, ob es sich möglicherweise um eine Abseitsposition gehandelt hat. Eine gefühlte
Ewigkeit später war dann klar: der Treffer zählt! Erleichterung. Diese hielt aber nicht lang an,
denn Braunschweig war nach wie vor nicht müde auf einen Ausgleich zu gehen und schaffte
dies auch fast nach einer riesigen Chance von Ivanov, die auf der Linie noch großartig von
Vasilj pariert werden konnte. Neben dem Tor war das wohl die Szene des Spiels. Kurz darauf
wurde dann zur Halbzeit abgepfiffen.
Insgesamt machten die St. Pauli Jungs bisher einen gefestigten und kompakten Eindruck und
wirkten insgesamt dominanter. Klar hätte es auf unserer Seite die ein oder andere gefährliche
Torchance mehr geben können aber gegen so tiefgehende Braunschweiger ist ein
Durchkommen nicht einfach gewesen und da ist es verständlich, dass man lieber sicher geht
und den Ball in der eigenen Defensive festmacht. Und wie mein Nebenmann schon kurz vor
der Halbzeit feststellte: Bayern hat es damals gegen ein Bus-parkendes Chelsea ebenfalls
nicht geschafft durchzukommen. Was mich aber umso mehr (positiv) überraschte war, dass
einem (oder mir) sofort auffällt, dass unser Kapitän Jackson Irvine wieder am Start ist.
Meinem Empfinden nach bringt er so viel Ruhe und Sicherheit in die Mannschaft und ist
dabei so omnipräsent, dass es eine Wohltat ist ihn wieder in der Startelf zu haben. Sowohl
defensiv als auch offensiv ist er eine sichere Bank – über den einen Fehlpass sehen wir mal
hinweg.
Nach der Pause folgte auf Fanseiten der aktuell sehr beliebte „Sche*ß DFL“ Wechselgesang
statt. Das Spiel ging so weiter, wie es in der ersten Halbzeit endete. St. Pauli sah sich in der
Rolle des Verwalters mit einigen, teilweise gefährlichen Akzenten nach vorn und
Braunschweig lauerte auf Konter, die geklärt wurden, in Eckbällen resultierten oder wieder
einmal von Vasilj pariert wurden. In der 65. Minute dann die nächste Großchance von St.
Pauli, die in einem Tor hätte resultieren müssen. Doch Wahl trifft nur die Latte und Irvine
köpfte den Ball anschließend knapp über das Tor. Also doch noch keine Verschnaufpause für
uns. Gerade jetzt hätten wir es gut gebrauchen können, den berühmten Deckel drauf zu
machen, denn nur zwei Minuten später stieg Saad dem Braunschweiger Bicakcic so
unglücklich auf den Fuß, dass es dafür eine gelbe Karte gab. Leider hatte Saad bereits Gelb,
sodass er also mit Gelb/Rot vom Platz gestellt wurde. Von den Rängen aus konnte man nicht
genau erkennen, was passiert war, sodass dieser Platzverweis in einem lauten Pfeifkonzert
mündete und der Schiedsrichter sämtliche Sympathiepunkte verspielt hatte. Nun war man für
die restlichen 25 Minuten also nur noch zu zehnt auf dem Feld und musste das Spielsystem
entsprechend neu anpassen, nachdem u. a. Metcalfe und Ritzka das Spielfeld neu betraten.
Von nun an hieß es also, den Ball in den eigenen Reihen zu halten und das 1:0 über die Zeit zu
bringen. Bis auf ein paar Gelegenheiten der Braunschweiger, gelang unseren Jungs dies aber
erstaunlich gut. Was auch an der Abschlussschwäche der Eintracht lag. Die Fans merkten,
dass unsere Mannschaft jetzt besonders viel Support brauchte, sodass es auf den Rängen
immer lauter und lauter wurde. Ab der 85. Minute saß fast niemand mehr auf seinem Platz
und nach einer vierminütigen Nachspielzeit ertönte dann der erlösende Schlusspfiff und lauter
Jubel machte sich breit.
Insgesamt fühlte sich das Spiel, aufgrund des knappen Ergebnisses nach einer Zitterpartie an
aber auf der anderen Seite waren unsere Spieler so souverän und abgeklärt am Ball, dass es
bis auf ein bis zwei brenzliche Situationen ein durchweg braun/weiß-dominiertes Spiel war.
Konkret bedeutet das nun, dass wir 3 Punkte Abstand auf Kiel haben, gegen die wir
kommenden Freitag spielen, und ganze 7 Punkte auf den 3. Platz, auf dem es sich der
Hamburger Sportverein gemütlich gemacht hat.
Tiocfaidh ár lá! In meinen Träumen sind wir Europacupsieger...
Eure Justine Stock
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